Geschichte

Schabs und Aicha in den napoleonischen Kriegen

Verfasser: Hartmuth Staffler

 

In den Jahren der napoleonischen Kriege, die für ganz Tirol von dramatische Auswirkungen hatten,

stand Schabs fast durchgehend im Zentrum des Geschehens. Der kleine Ort an der strategisch wichtigen Abzweigung des Pustertales vom Eisacktal war gewissermaßen ein Dreh- und Angelpunkt der Ereignisse, die ganz Tirol in Flammen

setzten, bis das Dorf selbst Anfang April 1813 fast vollständig eingeäschert wurde. Bedeutung erlangte Schabs in

diesen Jahren nicht nur durch seine strategische Lage, sondern auch durch seinen Schützenhauptmann Peter

Kemenater, einer wichtigen Figur im Tiroler Freiheitskampf. 

Peter Kemenater wurde am 12. Juni 1783 als Sohn des Sternwirtes in Schabs geboren. Als  knapp 14jähriger erlebte er Anfang April 1797 die Kämpfe mit, die als Schlacht von Spinges bekannt sind, obwohl sie ein weit größeres Gebiet betrafen. Die französischen Truppen hatten damals in Schabs zwei Kanonen postiert, deren Besatzung von Tiroler Schützen überwältigt wurde. Das waren sicher einschneidende Erlebnisse für den jungen Peter Kemenater.

General Joubert hatte erkannt, dass ihm der Weg durch das Wipptal versperrt war, weshalb er über das Pustertal marschieren wollte. Um die Route durch das enge Tal von Schabs bis Mühlbach zu sichern, ließ er mehrere Kompanien nach Spinges aufsteigen.

Die Schlacht von Spinges

Dort kam es am 2. April 1797 zu einem erbitterten Kampf mit den anrückenden Tiroler Schützen. Dabei zeichnete sich auch die Magd Katharina Lanz aus, die mit einer Heugabel die Kirche gegen die Franzosen verteidigt haben soll.

Die Tiroler zählten nach dieser Schlacht 103 Gefallene, die Franzosen sollen mindestens 600 verloren haben. Sie zündeten den Erschbaumerhof an und warfen ihre Toten in die Flammen, um sie zu verbrennen.

Das Gefecht von Spinges war zwar keine entscheidende Schlacht und verfehlte das strategische Ziel, die Franzosen Richtung Bozen zurückzuwerfen und ihnen den Weg in das Pustertal zu versperren. Es war aber ein gewaltiger taktischer Erfolg der Tiroler gegen eine überlegene Militärmacht, zumal General Joubert infolge seiner enormen Verluste nicht schnell genug das Land verlassen konnte.

Für die Tiroler war es die Bestätigung, dass sie es, so wie schon 1703, durchaus mit weit überlegenen, militärisch geschulten ausländischen Streitkräften aufnehmen konnten. Das lag einerseits an der hauptsächlich religiösen Motivation, mit der die Tiroler ihr seit 1796 dem Heiligen Herzen Jesu geweihtes Land gegen die „gottlosen Franzosen“ verteidigten, andererseits auch an der guten Bewaffnung und Übung der Schützen. Die mit ungeheurer Kraft geschwungenen Morgensterne der Landstürmer waren bei den französischen Soldaten ebenso gefürchtet wie die zielsicheren Stutzen der Scharfschützen. Selbst Napoleon erklärte, als er vor Regensburg durch eine Kugel verwundet wurde: „Das muss ein Tiroler gewesen sein“. 

Tirol unter bayrischer Herrschaft

Die Tapferkeit der Tiroler konnte den Lauf der Geschichte aber nicht aufhalten. Das bisher mit Österreich

verbündete Bayern schloss 1805 ein Bündnis mit Napoleon, der dafür den bayerischen Kurfürsten zum König

machte. Österreich wurde geschlagen und musste im Frieden von Pressburg Ende 1805 Tirol an Bayern abtreten. König Max I. Joseph versprach den Tirolern die Anerkennung der Landesverfassung und damit auch das Landlibells, das den Tirolern seit 1511 garantierte, keinen Kriegsdienst außerhalb des Landes leisten zu müssen.

Die bayerische Herrschaft machte sich jedoch bald unbeliebt, weil sie die Steuern vervielfachte, den Viehexport von Tirol nach Altbayern verbot und das Land wirtschaftlich ruinierte.

Die Bayern nahmen auch keine Rücksicht auf die religiösen Traditionen Tirols, das seit der Volksmission des 18. Jahrhunderts als „heiliges Land“ galt. Die Mitternachtsmette wurde ebenso verboten wie Wetter- und Feierabendläuten,

mutige Frauen, die trotzdem die Glocken läuteten, wurden öffentlich ausgepeitscht. Am 1. Mai 1808 wurde mit der neuen Verfassung des Königreiches Bayern die Tiroler Wehrfreiheit endgültig abgeschafft.

Als Österreich Anfang 1809 an einen neuen Krieg gegen Frankreich-Bayern dachte und dabei auf die Unterstützung der Tiroler setzte, fand es hier offene Ohren. Im Auftrag von Erzherzog Johann traf sich der Passeirer Wirt Andreas Hofer mit seinen Vertrauensleuten, zu denen auch der junge Sternwirt Peter Kemenater in Schabs zählte.

Am 9. April 1809 erklärte Österreich Frankreich und seinen Verbündeten den Krieg. General Johann Gabriel von Chasteler rückte von Kärnten her über das Pustertal in Tirol ein und trieb die Bayern unter General Wrede vor sich her. Die Tiroler Landesverteidiger sollten laut Plan das Vorgehen des Militärs unterstützen, indem sie z. B. Brücken vor der Zerstörung durch den Feind schützten.

Dabei tat sich die Oberpfarrlinger (Schabs-Natz-Raas-Viums-Aicha-Elvas- Kranebitt) Schützenkompanie unter Peter Kemenater besonders hervor. Sie eroberte gleich am 9. April die Mühlbacher Klause und machte damit den Weg für General Chasteler frei. Zwei Tage später verhinderte sie die Zerstörung der Ladritscher Brücke bei Aicha durch die Bayern, dabei wurde den Bayern eine Fahne abgenommen.

Bald aber gingen die Tiroler zur Eigeninitiative über, da sie sich mit dem Taktieren der Militärs nicht anfreunden konnten.

Am 12. und 13. April 1809 erreichte das Korps von General Chasteler Schabs. Er ließ starke Kräfte zurück,

um in Schabs eine befestigte Stellung auszubauen, während er die Bayern über den Brenner bis nach Innsbruck verfolgte, das zur gleichen Zeit von den Aufständischen befreit worden war (erste Bergiselschlacht).

Dann aber fiel der französische Marschall Lefebvre von Norden kommend mit zwei Divisionen in das Land ein.

Bei Wörgl wurden die österreichischen Truppen des Generals Chasteler schwer geschlagen, Schwaz wurde in Brand gesteckt, ebenso Vomp und andere Dörfer. Die Franzosen besetzten wieder Innsbruck.

In der Folge kam es zu chaotischen Zuständen in der Landesverteidigung. General Chasteler zog sich nach Schabs zurück, ging wieder vor, zog sich wieder zurück, legte gar sein Kommando nieder, um es dann wieder zu übernehmen. In Schabs kam es zu Wutausbrüchen der Bevölkerung, die sich von den wankelmütigen Militärs verraten fühlte. In Sterzing wurde Andreas Hofer zum Oberkommandanten ernannt, weil der eigentlich dazu bestimmte General Chasteler versagt hatte. Die Tiroler fingen sogar die Militärpost ab, um zu wissen, was das Militär vorhatte.

Die zweite Bergiselschlacht

Diese wird am Samstag um 17:00 Uhr und am Sonntag um 11:00 Uhr nachgestellt.

Am 22. Mai 1809 siegte Österreich unter Erzherzog Karl bei Aspern über Napoleon. Das beflügelte die Tiroler bei der zweiten Bergiselschlacht (25. und 29. Mai 1809), mit der Innsbruck wiederum befreit wurde.

Die Schützenkompanie Schabs unter Peter Kemenater war an dieser Schlacht im Zentrum beteiligt. Noch am 29. Mai versicherte Kaiser Franz I. im sogenannten Wolkersdorfer Handbillet, dass er Tirol nie von Österreich trennen lassen werde, doch am 5./6. Juli 1809 erlitten die österreichischen Truppen bei Wagram eine schwere Niederlage. Am 12. Juli schloss Österreich den Waffenstillstand von Znaim und zog sich aus Tirol zurück. Die Tiroler waren jetzt ganz auf sich allein gestellt. Der französische Marschall Lefebvre besetze Anfang August 1809 nord-Tirol und versuchte von allen Seiten, auch süd-Tirol wieder in Besitz zu nehmen, ein Versuch, der unter schweren Verlusten für die Franzosen und ihre Verbündeten scheiterte. An der Ehrenberger Klause bei Reutte, an der Pontlatzer Brücke bei Landeck, südlich von Trient und bei Ampezzo wurden französischen Truppen aufgehalten.

Besonderes Aufsehen erregten die Kämpfe im Wipptal am 5. und 6. August 1809, bei denen vor allem sächsische Truppen schwerste Verluste erlitten, so dass die Gegend bis heute als Sachsenklemme bekannt ist. Die Tiroler versperrten den Verbündeten der Franzosen den Weg nach Süden, die Oberpfarrlinger Schützenkompanie unter Peter Kemenater verlegte ihnen bei Niederflans den Weg über das Valler Jöchl, den sie zur Umgehung der Sperre benützen wollten.

Statt des geplanten Durchbruches nach Süden mussten sich die französisch-bayerischen Truppen zurückziehen, bei Sterzing noch schwere Kämpfe gegen die Tiroler bestehen und sich schließlich am 13. August 1809 bei Innsbruck wieder am Bergisel zur Schlacht stellen. In dieser dritten Bergiselschlacht, die die Tiroler erstmals ohne Unterstützung durch das Militär gegen einen zahlenmäßig überlegenen und dank Artillerie weit stärker gerüsteten Gegner bestehen mussten, spielte die Oberpfarrlinger Schützenkompanie unter Peter Kemenater wieder eine bedeutende Rolle. Sie gehörte, gemeinsam mit den Feldthurnern, den Brixnern, Albeinsern und Sterzingern an dem von Peter Mayr befehligten rechten Flügel zur Avantgarde, oder, wie Andreas Hofer zu ihnen sagte: „Ös geats halt voran“.

Die dritte Bergiselschlacht

Die dritte Bergiselschlacht war wiederum ein Erfolg. Die von Marschall Lefebvre kommandierten Franzosen und

Bayern, denen Munition und Verpflegung ausgingen, räumten nach ausgewogenem Kampfgeschehen das Feld. Europa horchte auf: Erstmals hatte ein französischer Marschall gegen ein bäuerliches Volksheer aufgeben müssen. Tirol war wieder frei, Andreas Hofer wider Willen Landesregent, da sonst niemand da war, der für Ruhe und Ordnung sorgen konnte.

Andreas Hofer als Landregent in der Innsbrucker Hofburg
Andreas Hofer als Landregent in der Innsbrucker Hofburg

Die Freude über die wiedergewonnene Freiheit währte aber nur kurz. Bereits am 14. Oktober 1809 schloss Kaiser Franz den Friedensvertrag von Schönbrunn, mit dem er endgültig auf Tirol verzichtete. Noch am selben Tag befahl Napoleon die vollständige Unterwerfung Tirols. Drei bayerisch-französische Divisionen drangen in das Land ein und besetzten wieder Innsbruck. Die meisten Landesverteidiger waren angesichts der Übermacht geflohen, die vierte Bergiselschlacht am 1. November endete nach nur zwei Stunden mit einer vollständigen Niederlage der Tiroler.

Trotzdem war der Aufstand noch nicht vorbei.

Widersprüchliche Anweisungen des Oberkommandanten Andreas Hofer sowie spektakuläre Einzelerfolge, die an der Gesamtlage nichts änderten, stachelten die Kampfeslust der Tiroler immer wieder an. Auch Peter Kemenater ließ sich durch Heißsporne wie den Pater Joachim Haspinger oder den Brixner Kaffeehausbesitzer Johann von Kolb dazu überreden, gemeinsam mit dem Mahrwirt Peter Mayr und Jakob Steiner von Milland den Widerstand fortzusetzen. Sie stellten sich zunächst am 8. November 1809 bei St. Sigmund den Truppen von General Rusca entgegen, die vom Osten her durch das Pustertal eindrangen. Die Stellung bei St. Sigmund war nicht zu halten, worauf sie sich zur Mühlbacher Klause zurückzogen. General Rusca schickte zwei Kolonnen zur Umgehung der Klause los, ließ aber ungeduldig

sofort zum Sturm antreten. Erst als die Umgehungskolonnen im Rücken der Tiroler sichtbar wurden, gaben diese die Klause auf. Das unbeherrschte Vorgehen hatte die Franzosen allerdings 500 Mann und 15 Offiziere gekostet, während die Tiroler nur acht Mann Verlust hatten. Ihren Zorn ließen die Franzosen am Marktort Mühlbach aus, der geplündert und verwüstet wurde. Dabei geriet auch Peter Kemenater in französische Gefangenschaft.

Am 12. November 1809 verkündete Vizekönig Eugene Beauharnais eine Amnestie für alle Tiroler, die die Waffen niederlegten. Wer innerhalb von fünf Tagen noch bewaffnet sei, werde erschossen. Der Widerstand ging dennoch vereinzelt weiter, den hartnäckigsten Kämpfern gelang es, die von General Moreau mit rund 2500 Mann besetzte Stadt Brixen einzuschließen. Parlamentäre der Tiroler verlangten sogar die Kapitulation der Franzosen und die Freilassung des gefangenen Schützenhauptmannes Kemenater bzw. dessen Austausch gegen den von den Tirolern gefangenen Oberleutnant Hohenhausen.

Da rückte General Severoli mit 2500 Mann von Bozen an, um die Belagerung von Brixen zu beenden. Nachdem eine Patrouille seiner Soldaten am 6. Dezember 1809 bei Krakofel beschossen worden war, ordnete er ein schreckliches Strafgericht an.

 

118 Bauernhöfe und 20 Adelssitze rings um Brixen wurden angezündet, die Bewohner durften nichts außer dem, was sie am Leibe trugen, in Sicherheit bringen, und mussten zusehen, wie ihr gesamtes Hab und Gut verbrannte. Wer sich wehrte, wurde erschossen.

Schabs in Flammen

Wird am Freitag um 21:00 Uhr inszeniert.

In der Nacht vom 1. auf den 2. April 1813 zu einer Tragödie. Eine durchziehende Truppe des ersten neapolitanischen Infanterieregimentes, das zur Brigade des französischen Generals Borelli gehörte, hatte in Schabs genächtigt und offensichtlich Feuer gelegt. 27 Gebäude, darunter auch die Kirche sowie das Sternwirtshaus von Peter Kemenater brannten ab. Kemenater reagierte heftig, weshalb man ihn erschießen wollte, was Pfarrer Platzer verhindern konnte.

 

In der Nacht zum 24. Juni 1813 eröffnete Napoleon mit seiner Grande Armée, zu der auch viele Tiroler gezwungen worden waren, den Krieg gegen Russland, was dem Tiroler Freiheitswillen neuen Auftrieb gab. Bereits im Juli 1813 wollte Kemenater mit einigen Landsleuten die Brixner Klause sperren, konnte aber vom Vahrner Bürgermeister abgehalten werden. Als aber am 12. August Österreich der antinapoleonischen Koalition beitrat und General Franz Fenner von Fennberg durch das Pustertal anrückte, gab es kein Halten mehr. Mehrere Pustertaler Schützenkompanie unterstützten General Fenner; auch Peter Kemenater war mit seinen Männern im Einsatz und konnte am 12. Oktober 1813 eine halbe Kompanie Franzosen gefangen nehmen.

Ende Oktober 1813 war ganz Tirol befreit, mit Vertrag vom 3. Juni 1814 trat Bayern Tirol und Vorarlberg offiziell wieder

an Österreich ab.

Veranstalter

Schützenkompanie Peter Kemenater Musikkapelle Schabs

Freiwillige Feuerwehr Schabs

Marcus Autherith - Bereich Reenactment und das K.K. Tiroler Jägerregiment Nr. 64 von 1801

Kontakt

Hauptmann Roland Seppi

T. +39 0472 412 324

roland@seppi-gebhard.com

info@kemenaterschuetzen.com

 

Marcus Autherith
T. +43 676 95 79 134

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